Gestern Nachmittag gingen wir auf die Plaza Rojas Pinilla und ich hatte meinen ersten Kontakt mit Strassenkindern direkt auf der Strasse. Mit improsivierten Klanghoelzern und Muelltonnen als Trommeln zogen wir los, um mit den Kindern Strassenmusik zu machen.
In einem Workshop mit einem Jazzmusiker aus Berlin und einer Saengerin aus Bogota, sowie einem Musikstudenten aus Bogota hatten wir verschiedene Rhythmen erarbeitet. Dabei waren wir drei Deutschen, und eine Gruppe von Neuntklaesslern, die jede Woche versuchen die Kinder auf diesem Platz zu unterrichten. Die Strassenkinder sollten entweder mitmachen, oder wenn moeglich mit Holzstaeben oder ihrer Stimme zu den Rhythmen improvisieren.
Auf dem Platz angekommen fing es erstmal an zu regnen und zu gewittern, so dass wir nicht sofort anfangen konnte. Es war fuer mich sehr bewegend diese verwarlosten Kindern mit ihren Kleberflaschen zu sehen. Alle hatten eine Klebstoffflasche dabei und waren total zugedroehnt, manche sogar so sehr, dass die Klanghoelzer nicht richtig halten konnten. Als wir dann anfingen, war es erstmals sehr schwer einen richtigen Rhythmus zu stande zu bekommen, da alle wie wild durcheinander trommelten und natuerlich sehr undiszipliniert waren.
Gleich zu Anfang gab es eine Schrecksekunde, als einer der aelteren Jugendlichen mit einem offenen Messer einfach durch unsere Gruppe lief, wahrscheinlich um uns zu erschrecken. Zu erwaehnen ist, dass die ca 16 Jaehrigen Schuelerinnen, die hier versuchen die Strassenkinder zu unterrichten voellig cool blieben und einfach weitermachten. Uberhaupt koennten sich Paedagogikstudenten bei uns eine Portion von diesen Schuelerinnen und Schuelern abschneiden, die super mit diesen Kindern umgehen koennen und so als ob es das selbstverstaendlichste auf der Welt waere auf diesem Platz unterrichten.
Nach diesem Vorfall fuehlte ich mich dann doch ziemlich verunsichert, auch wenn sich sich auf dem Platz noch viele andere Menschen und Haendler befanden.
Zum Glueck hatten wir Alexandro unseren Musikstudenten aus Bogota dabei, der die Muelltonnen in ein Schlagzeug umwandelte, so dass es uns gelang einen gemeinsamen Rhythmus zu finden. Es gab einen Jugendlichen, der daraufhin dann einen Rap improvisierte, was super klang. Aber die meisten der Kinder taten sich schon mit den einfachen vier Schlaegen eines 4/4 Takts schwer.
Unter den Kindern und Jugendlichen und ein paar Pennern die auch mitmachten herrschte ein staendiges Kommen und Gehen und es fiel auf, dass sich viele der Kinder nicht sehr lange konzentrieren konnten.
Als es nach ca. einer dreiviertel Stunde wieder anfing zu regnen, packten wir die Sachen ein und zogen wieder von dannen.
Das Ganze war sehr intensiv und ich fuehle mich danach traurig wuetend und aufgewuehlt. Mir stellte sich die Frage, wie so etwas sein kann, dass siebenjaehrige Kinder so auf der Strasse dahin vegetieren muessen. Mir wurde von Leuten hier gesagt, dass die Kinder wenn sie wollten in Institutionen unterkommen koennten, sie dort aber bestimmte Regeln einhalten muessen, wie z.B. keine Drogen und die Kinder so ein Leben auf der Strasse vorziehen. Ob das so ist weiss ich nicht, aber da ist sicher etwas dran.
Ausserdem stellte sich fuer mich die Frage, ob es ueberhaupt einen Sinn macht zu versuchen diesen Kindern auf der Strasse etwas beizubringen, da sie total zugedroehnt sind und sich nur sehr kurz konzentrieren koennen. Wenigstens hatten sie bei der Aktion ihren Spass und eine gute Zeit, was ja auch schon etwas zaehlt.
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1 Kommentar:
Lieber Daniel,
das ist ja echt krass, was Du so erlebst! Wenn man den Artikel liest, kann man sich so gut vorstellen, wie erschreckend das ist, diese Kinder vor sich zu sehen und sich dann an seine eigene tolle Kindheit zu erinnern, wo alles so perfekt war!
ich wünsche Dir viel Kraft, um die ganzen Eindrücke verarbeiten zu können!
Bis bald,
Caro
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